Weinheim

Nach DBS-Schülerstreik: Vertrauenslehrer wird zwangsversetzt

Elternbriefe, Einsatz des Oberbürgermeisters und Schülerprotest konnten die Versetzung der Lehrkraft nicht verhindern...

Mehr als 80 Schüler demonstrierten gegen die Versetzung. Mehr wollten sich anschließen, wurden aber wieder in ihre Klassenzimmer geschickt. Foto: Marco Schilling
Mehr als 80 Schüler demonstrierten gegen die Versetzung. Mehr wollten sich anschließen, wurden aber wieder in ihre Klassenzimmer geschickt.

Eine Welle der Entrüstung rollt am Dienstagmittag durch die Korridore der Dietrich-Bonhoeffer-Schule. Die Nachricht macht innerhalb kürzester Zeit die Runde: Jetzt wird Vertrauenslehrer Peter Plattmann tatsächlich zwangsversetzt. Erst vor einem Monat standen 80 Jugendliche mit Bannern und Plakaten vor dem Schulsekretariat und protestierten gegen das Vorhaben. Eltern drückten zwischenzeitlich ihren Unmut - auch in Briefen ans RP - aus. Oberbürgermeister Manuel Just setzte sich nach Angaben des Rathauses sogar im persönlichen Gespräch mit Regierungspräsidentin Sylvia Felder für Plattmann ein. "Die Entscheidung ließ sich aber leider nicht beeinflussen", so Stadtsprecher Roland Kern.

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An anderes Gymnasium abgeordnet

Schulleiterin Demet Üstünel-Hartbauer wendet sich am Dienstagmorgen in einer E-Mail an die Eltern der betroffenen Klassen: "Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat mich darüber informiert, dass Herr Plattmann ab kommendem Montag, 27. November 2023, bis zum 30. Juli 2026 an ein anderes Gymnasium in der Rhein-Neckar-Region abgeordnet wird." Was der Stein des Anstoßes gewesen war, dazu schweigen Schulleitung und Regierungspräsidium (RP).

Foto: Marco Schilling

Eine WN/OZ-Anfrage zu den Hintergründen und zum weiteren Vorgehen an der zuletzt aufgerüttelten Schule lehnt Üstünel-Hartbauer am Dienstag erneut ab. Wie in ihrer E-Mail an die Eltern verweist die 54-Jährige, die erst seit einem Jahr Schulleiterin ist, auf das Regierungspräsidium: "Die Entscheidung über eine Abordnung trifft das Regierungspräsidium; nicht die Schulleitungen." An der DBS ist es jedoch längst ein offenes Geheimnis, so bestätigen verschiedene Schüler- und Elternvertreter, dass Plattmann eine gesammelte Kritik an der Chefin aus dem Kollegium sowie von Eltern und Schülern vorbrachte.

"Intransparenz nicht mehr zu ertragen"

Die defizitäre Kommunikation mit der Schulspitze ist Hauptgegenstand der Beschwerden. Informationen kommen über den Flurfunk oder per E-Mail. Fragen werden nicht beantwortet. Gespräche kommen nicht zustande. So kritisierte die Schülervertretung SMV bereits in der Vergangenheit, dass so gut wie kein Austausch mit der Schulleiterin stattfinde. Auch nach dem Schülerprotest habe es noch keine Möglichkeit zum Gespräch mit der SMV gegeben, so die Schülervertreter. Ein Elternvertreter, der namentlich nicht genannt werden möchte: "Diese Intransparenz ist nicht zu ertragen. Schon lange nicht mehr."

Schulleiterin Demet Üstünel-Hartbauer ist seit einem Jahr Chefin der DBS. Foto: Philipp Reimer
Schulleiterin Demet Üstünel-Hartbauer ist seit einem Jahr Chefin der DBS.

Tim Hallbauer, Co-Elternbeiratsvorsitzender des Gymnasiums, betonte in der Vergangenheit, dass für die schnelle Wiederherstellung des Schulfriedens Aufklärung geboten sei. Diese wird es offiziell wohl nicht geben. Schülervertreterin Lydia Weinreich könne nicht absehen, wie es „mit so einem Unwissen“ weitergehen soll. „Ohne einen klaren Schnitt, ohne zu wissen, was passiert ist.“ Und auch der Elternsprecher, der namentlich nicht genannt werden möchte, meint: „Die Frage, die in der Gesamtelternvertretung bleibt, ist, wie es weitergehen soll mit dieser Personalie.“

Das Rathaus erklärt auf Anfrage, dass es den Verlust des Vertrauenslehrers sehr bedauert: "Herr Plattmann war für uns ein wichtiger Ansprechpartner in der Schule", so Sprecher Roland Kern. Ebenso bedauerlich sei, dass der Schulfrieden durch die Versetzung nun wieder derart gefährdet sei. Das Regierungspräsidium erklärte in der Vergangenheit, sich für eine konstruktive Lösung der momentan angespannten Situation mitzuwirken. Welche Bemühungen es hier gab und welche noch unternommen werden, diese Frage kann das RP am Dienstag aus organisatorischen Gründen nicht beantworten, heißt es auf Anfrage.

Aus dem Lehrerkollegium gibt es bislang keine Stimmen. Wie hinter den Kulissen zu erfahren ist, herrscht jedoch auch dort Unmut. In der Rundmail einer Lehrerin an das Kollegium im Oktober wurden die Pädagogen dazu angehalten, den Schülerprotest gegen die Zwangsversetzung zu unterstützen.

"Streik nicht angebracht"

Auch Schulleiterin Üstünel-Hartbauer versendete vor dem Protest von vor einem Monat eine Rundmail. In dieser schrieb sie, dass es nicht korrekt sei, dass der Lehrer „nach den Herbstferien die Schule verlassen muss“. Weiter: „Ein Streik ist an der Stelle nicht angebracht, da die Grundlage dafür fehlt. Eure Botschaft, Solidarität mit ... zu zeigen, ist bei mir angekommen.“ Die DBS-Schüler schenkten ihr schon damals keinen Glauben.