RP über Causa Plattmann: Haben sich DBS-Lehrer über ihren Kollegen beschwert?
Das Regierungspräsidium erklärt, wie es an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule weitergeht. Es steht zu seinen Entscheidungen. Die Art und Weise ihrer Durchsetzung sieht Regierungspräsidentin Felder keine Probleme.
Vertreter des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe, darunter dessen Präsidentin Sylvia Felder, äußerten sich am Montagnachmittag im Rahmen eines Pressegesprächs zu den jüngsten Geschehnissen an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule (DBS). Anders als angekündigt, blieb der Platz der scheidenden Schulleiterin Demet Üstünel-Hartbauer leer. Sie ließ sich krankheitsbedingt entschuldigen. Wie bereits zuvor wird ihre Stellvertreterin Andrea Volz die DBS kommissarisch leiten. Die Stelle der Schulleitung werde Mitte Januar wieder ausgeschrieben. Der Rücktritt sei einvernehmlich beschlossen worden und von Üstünel-Hartbauer selbst ausgegangen.
Juristisch einwandfrei
Das RP steht zu seinen Entscheidungen. Auf Nachfrage zur Art und Weise, wie das Schassen des Vertrauenslehrers vonstattenging, sah Sylvia Felder keine Fehler. Ob sie im Nachhinein etwas anders machen würde? Sie antwortete mit einem deutlichen: „Nein!“ Unmittelbar vor den Schülerprotesten hatte Üstünel-Hartbauer eine wohl vom Regierungspräsidium vorformulierte Mail verschickt. Der Inhalt: Es sei nicht korrekt, dass Herr Plattmann „nach den Herbstferien die Schule verlassen muss“. Die Grundlage für die Demonstration fehle. Felder sah hier keine Irreführung der Schüler. So ein Text müsse juristisch einwandfrei sein und dieser sei für jeden Juristen verständlich gewesen.
Allzu viele Juristen dürfte es unter den DBS-Schülern zwar nicht geben. Die Jugendlichen hatten aber damals trotzdem unterstellt, dass die Aussage wohl ein rhetorischer Kniff ist. Dass das Schassen des Vertrauenslehrers vier Wochen später so unvermittelt geschehen ist, habe mit Fristen zu tun gehabt, die eingehalten werden mussten, erklärt Felder.
In den Ausführungen der RP-Vertreter machten diese mehr oder weniger deutlich, dass sich der Konflikt nicht auf Üstünel-Hartbauer und Plattmann allein beschränkt habe. So sprach Regierungspräsidentin Felder davon, dass die „Zusammenarbeit in der Schulgemeinschaft und mit bestimmten Lehrern defizitär“ gewesen sei. Auf die Frage, ob es aus dem Kollegium Beschwerden über Herrn Plattmann gegeben habe, entgegnete sie, dass sie dies nicht verneinen könne. „Dass die ganze Schule hinter Herrn Plattmann stand, ist ein Eindruck, der sich nach Gesprächen mit dem Personalrat so nicht bestätigt hat“, sagte Felder. Dr. Martin Steffens, Leiter im Referat für Personalangelegenheiten, betonte, dass die Entscheidung kein Verweisen in die Schranken gewesen sei. „Es ist wirklich kein disziplinarisches Verfahren.“ Bei der Frage, ob die Chance einer Rückkehr des Lehrers an die DBS besteht, äußerte sich Steffens zurückhaltend.
Bei dem Gespräch in der DBS stellte sich heraus, dass die Leiterin beim Umgang mit den Unruhen an der Schule bereits seit Monaten intensiv vom Regierungspräsidium betreut und beraten wurde. So erläuterte Dagmar Ruder-Aichlin, Leiterin des Referats für Allgemeinbildende Gymnasien: „Es gab nicht das eine konkrete Datum, den einen konkreten Anlass, bei dem wir sagen können: Hier hat sich etwas entzündet.“
Was zuvor geschehen war I
- Vor etwa vier Wochen verbreitete sich eine Hiobsbotschaft wie ein Lauffeuer durch die Klassenzimmer. Damals wurde bekannt, dass das Regierungspräsidium den verdienten Vertrauenslehrer Peter Plattmann von der Schule nehmen will.
- Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen organisierten in Windeseile eine Demonstration gegen dieses Vorhaben. Rund 80 von ihnen standen mit Bannern und Plakaten vor dem Schulsekretariat von Leiterin Demet Üstünel-Hartbauer, der sie die Schuld gaben.
- Nach Informationen der WN/OZ soll Plattmann eine gesammelte Kritik von Lehrern, Eltern und Schülern gegen die Leiterin vorgebracht haben.
- Kurz vor dem Protest hatte die Leiterin eine Rundmail an die Schüler verschickt, in der sie die drohende Versetzung Plattmanns dementierte. In dieser schrieb sie, dass es nicht korrekt sei, dass der Lehrer „nach den Herbstferien die Schule verlassen muss“.
RP nimmt Leiterin in Schutz
Vielmehr seien es „viele, viele Kleinigkeiten“ gewesen, die zusammengekommen seien. In der Tat hatte es in der Vergangenheit die unterschiedlichste Kritik am Vorgehen von Üstünel-Hartbauer gegeben. Ein Beispiel war das allgemeine Handyverbot, das sie durchsetzte. Schüler ärgerten sich, dass die Leiterin dieses Verbot zwar mit der Schulordnung begründete, diese jedoch zuvor offenbar nicht richtig gelesen habe. Denn die Schulordnung hatte bereits eine Handyregelung definiert. Eine, die Freiräume erlaubt. Referatsleiterin Ruder-Aichlin betonte, dass ein Handyverbot nichts Ungewöhnliches sei und öfter an Schulen durchgesetzt werde.
Zur Thematik der Schultoiletten, deren Eingangstüren auf Anweisung Üstünel-Hartbauers offen bleiben mussten, gab sie jedoch zu, dass dies schon zu Auseinandersetzungen und Gesprächen geführt hätte. Beim Vorfall der Israel-Durchsage einer Schülerin nahm die Referatsleiterin die scheidende Schulleiterin in Schutz.
Nach dem Hamas-Überfall in Israel hatte eine Jugendliche über die Sprechanlage der DBS der jüdischen Opfer gedacht und zu einer Schweigeminute aufgerufen. Dies löste eine Entrüstungswelle, insbesondere bei muslimischen Schülern und vorwiegend an den anderen Schulhäusern unter dem DBS-Dach aus. Die Jugendliche entschuldigte sich. Laut Ruder-Aichlin war damals nicht beabsichtigt, dass die Durchsage auch in den anderen Schulhäusern außer dem Gymnasium laufen sollte. Die Schülerin habe ihr im persönlichen Gespräch berichtet, dass sie sich eigenständig habe erklären wollen. „Es war kein Vorführen“, so die Referatsleiterin.
Was zuvor geschehen war II
- Die Demonstration legte die tieben Gräben offen, die sich innerhalb des einen Jahres zwischen Schulleitung auf der einen Seite und Lehrern, Eltern sowie Schülern auf der anderen Seite aufgetan hatten.
- Nach dem Protest schien sich die Lage zu verbessern. Das Regierungspräsidium reiste unmittelbar nach der Demonstration an die DBS. Im Laufe der folgenden Tage und Wochen fanden Gespräche statt. Selbst Plattmann soll nach Informationen der Redaktion Anlass zum Aufatmen bekommen haben.
- Am Dienstagmorgen dann die Kehrtwende. Wieder verschickt die Leiterin eine Mail: "Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat mich darüber informiert, dass Herr Plattmann ab kommendem Montag, 27. November 2023, bis zum 30. Juli 2026 an ein anderes Gymnasium in der Rhein-Neckar-Region abgeordnet wird."
- Die Stimmung kippt, der diplomatische Weg ist gescheitert. Eltern schickten einen Brandbrief mit schweren Vorwürfen ans Regierungspräsidium. Oberbürgermeister Manuel Just forderte die Schulleiterin am Tag darauf dazu auf, die Schule zu verlassen.
System zum Stottern gebracht?
In Gesprächen, die unsere Redaktion mit Eltern und Schülern geführt hatte, entstand immer wieder der Eindruck eines unpassenden Führungsstiles. Dass die Schulleiterin ein eigentlich gut laufendes System mit Überregulierung und nicht nachvollziehbaren Handlungen zum Stottern brachte. Ruder-Aichlin meinte hierzu, dass sich nach einer längeren Vakanz (die DBS war für einen längeren Zeitraum ohne Schulleiter) bestimmte Abläufe einspielten. Auch dass es eine flachere Hierarchie gibt, sei nicht ungewöhnlich. Gepaart mit der Aufgabe, einen großen Schulverbund zu leiten, seien das schon ziemliche Herausforderungen gewesen.
Schlussendlich sei die Schulleiterin immer wieder zu der Überzeugung gelangt, dass sie in der DBS „keinen Fuß auf den Boden“ bekomme: „Das war eine Selbsterkenntnis, die von Frau Üstünel-Hartbauer ausging“, so Referatsleiterin Ruder-Aichlin. Regierungspräsidentin Felder fügte hinzu: „Genau deswegen gibt es die Probezeit für Schulleitungen.“
Das Schuljahr hat zwar gerade erst begonnen. Trotzdem gibt es die ersten Armutszeugnisse - Kommentar in weiterem Artikel
Diese sei mit zwei Jahren bewusst deutlich länger gefasst. Wie Ruder-Aichlin erzählte, war die Besetzung der Schulleiterstelle mit Üstünel-Hartbauer damals eine 4:0-Entscheidung gewesen. Bei einem solchen Auswahlverfahren sind neben der Schulverwaltung auch die Schulkonferenz und der Schulträger beteiligt. Bei der Nachfolge von Üstünel-Hartbauer wolle das RP ein besonderes Augenmerk darauf legen, dass Kandidaten Führungserfahrung besitzen. Sei es die Leitung einer Abteilung oder die (stellvertretende) Leitung einer Schule.