Zotzenbach

Ein voller Erfolg für den Zotzenbacher Kerwe-Neustart

Jetzt wurden zwei Tage Volksfest im Rimbacher Ortsteil gefeiert. Mit dabei waren100 Helfer, DJ-Party und Kerweredd mit Parre Marvin Boml.

Kerweparre Marvin Boml und Mundschenk Dennis Mrugalla (von links)stoßen auf den Neubeginn an. Foto: Fritz Kopetzky
Kerweparre Marvin Boml und Mundschenk Dennis Mrugalla (von links)stoßen auf den Neubeginn an.

„Wemm k‘heert dieKerwe?“ Kräftig und selbstbewusst hallt die Frage durch die Trommhalle, und ein vielstimmiger Chor antwortet ihr: „Unser!“ Man kennt ihn ja, den traditionellen Schlachtruf. Nur hatte man ihn in Zotzenbach schon seit einem Dutzend Jahren nicht mehr gehört. „Kerwe reborn“ haben die Macher aus dem Kulturverein die Neuauflage zuversichtlich genannt, und nach zwei Festtagen lässt sich nun sagen, dass sie gelungen ist.

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Gottesdienst und Akkordeonmusik

Den Anfang machte am Samstag eine große Party; bis zum frühen Morgen bebte die Halle: DJ Minimi heizte gut 700 Besuchern ein, gefühlt das ganze Dorf war auf den Beinen. Wermutstropfen war eine Schlägerei mit einem Leichtverletzten, wie Ortsvorsteher Gerhard Jäkle bedauert: „Die Polizei war da und ein Krankenwagen.“ Es blieb bis Redaktionsschluss der einzige Vorfall.

Am gestrigen Sonntag ging es friedlich los mit einem Frühschoppen in der Halle, der auf einen Kerwe-Gottesdienst mit Pfarrer Daniel Fritz folgte; mittags übernahm das Akkordeonorchester Ober-Mumbach die Bühne. An beiden Tagen gibt es auf dem Vorplatz Kinderprogramm mit Hüpfburg und Karussells. Jetzt, am Nachmittag, treiben die Feierlichkeiten ihrem protokollarischen Höhepunkt zu. Den könnte man schöner gar nicht einleiten, denn auf einmal füllt sich die ohnehin schon gut besuchte Halle mit lauter bunt gekleideten Zwergen: Die Kleinen von der evangelischen Kindertagesstätte tragen auf ihren T-Shirts den Schriftzug „Dorfkind“, und zu den Klängen des gleichnamigen Lieds marschieren sie auf die Bühne, singen und tanzen für das begeistert applaudierende Publikum.

Einrichtungsleiterin Petra Nieder erklärt den Grund für diesen Auftritt: Die Gruppen bereiten Marvin Boml einen stilvollen Empfang; im Alltag ist er Erzieher, nun aber Kerweparre und entsprechend herausgeputzt mit Krawatte und Hut, eskortiert von Mundschenk Dennis Mrugalla.

Mords was los in der Tromm-Halle. Das Publikum bereitet sich auf die Kerweredd vor. Foto: Fritz Kopetzky
Mords was los in der Tromm-Halle. Das Publikum bereitet sich auf die Kerweredd vor.

Die Halle ist nun warmgespielt, und Boml blickt zurück: „Lange Jahre gehn ins Land/ bis ma sisch in dem Johr zammefand/ un veel Termine musste sein/ zu gründen den Kulturverein.“ Denn nach Jäkles Initiative fand sich 2022 eine größere Gruppe von Kerwebegeisterten, aus deren Reihen schließlich der Verein hervorging. Schwarze Pullis und ein Logo, kreiert von Nele Schumacher, kennzeichnen die Helfer, die überall herumwuseln: am Bratwurstgrill, hinter der Kuchentheke, beim Abräumen der Teller und Gläser, an der Technik. Etwa 100 sind an den beiden Tagen auf den Beinen, und ihnen geht es so wie Vorsitzendem Andreas Kühnle, der mit glänzenden Augen versichert: „Ich habe seit 48 Stunden nicht geschlafen, aber ich könnte auch gar nicht.“

Schlaf kann man nachholen, doch jetzt wird gefeiert. „Kamerad, schenk oi – es muss aa mol getrunke soi“, fordert der Geistliche immer wieder seinen Mundschenk auf, damit sein Mund nicht zu trocken wird, gibt es doch allerhand zu erzählen aus dem Dorfleben. Etwa über das Wasser, mit dem die Häuser im Neubaugebiet „Am Thasberg“ reichlich versorgt werden; es kommt nicht nur aus der Leitung, sondern läuft auch aus dem Berg in die Keller. Liegt das daran, dass es aus dem Ort der Wasserschnecken kommt?

Und wie war das in Münschbach, als der Regen gleich einen ganzen Hang ins Rutschen brachte? Boml ist sicher: „Nicht alles Gute kommt von oben.“ Aber: „Doch auch Wasser wird zum edlen Tropfen, mischt man es mit Malz und Hopfen.“ Ein solcher wird nicht mehr ausgeschenkt im „Lamm“. Wo früher Schnitzel paniert wurden, lernen heute die Kinder das Einmaleins, wurden sie doch wegen der beengten Verhältnisse in der einstigen Gastwirtschaft untergebracht. Warum ist das so? Hochwürden weiß die Antwort: „Ob Schul, ob Feierwehr, ob Kinnergaade/ mer Zotzebäscher misse noch en paar Johr waade.“ Zwar sei das Gemeindesäckel wie ein dicker Bauch, doch gehe alles für den Marktplatz drauf: „In Rimbach wird verschönert und gemacht/ desweil man über uns dort lacht.“

Freibier vom Bürgermeister?

Weshalb nun auch Bürgermeister Holger Schmitt sein Fett wegkriegt und schon mal auf die bevorstehende Bürgermeisterwahl angespielt wird: „Als Vorschuss, Holger, bitt isch heit/ zahl doch Freibier fer die Leit. Dann dun die Zotzebescher werra lache/ uns Kreuz vorm rischdische Name mache.“ Schmitt nimmt es mit Humor, und weiter geht´s im Schweinsgalopp: Braucht man wirklich Tempo-30-Zonen in Rimbach? Wäre das nicht besser in der Zotzenbacher Bahnhofstraße?

Die Predigt streift die Erlebnisse der Dorfbewohner: Da gibt es den, der ins Fernsehen will und den, der beim Holzfällen mit einer Fichte versehentlich ein Haus traf. Und es gibt den Zwist am Denkmal, dessen friedliches Ende Boml herbei träumt: einen Umtrunk der Kontrahenten am Zankapfel, dem Bäumchen, das im Anschluss festlich geschmückt wird. Und schließlich gibt es noch eine Erklärung für die Seitwärtsneigung des neuen Trommturms: Den „schebbe Holger“ zieht es nach Zotzenbach, klar.

Bekenntnis zur Unterbringung

Neben dem Spott über die Albersbacher „Brick für die Eischhörnschemaus“ und dem Marktplatzbrunnen, der nur Wasser statt Bier führen soll, gibt es auch einen ernsten Moment. Nämlich den, als sich Boml zur Containeranlage bekennt, der Flüchtlingsunterkunft, die im Sommer von Unbekannten beschmiert wurde. Das Dorf habe von Alters her Gäste aufgenommen, betont der Parre: „Un viele heut in dieser Halle/ wärn nicht auf diese Welt gekumme/ Hätt ma nach 45 ko Flüchtling uffgenumme.“

Am Ende kündigen die Kerwe-Honoratioren das Ende des Fests an: das Vergraben der Kerwe nach altem Brauch. Dieser traditionelle Schluss ist unvermeidlich; eine Kiste Wein wird verbuddelt, damit die neue Kerwe im kommenden Jahr wieder ausgegraben werden kann. Und die Organisatoren sind sicher, dass es soweit kommt: Denn eine Fortsetzung 2024 ist geplant.

Positive Volksfestbilanz

Etwa 1800 Menschen, schätzt Gerhard Jäkle, waren an den beiden Tagen der Kerwe auf dem Fest: drinnen in der Halle bei der DJ-Party, der Kerweredd oder dem Frühschoppen, draußen im kleinen Vergnügungspark für die Kinder. Der Ortsvorsteher zieht im Gespräch mit der OZ Bilanz und erklärt: „Die Kerwe hat Zotzenbach gefehlt, das war das Salz in der Suppe.“

Einen „Schmelztiegel“ nennt er die Kirchweih, das 1877 zum ersten Mal stattfand und zwölf Jahre ruhte. Dass nun vor allem die Dorfjugend an die alten Traditionen anknüpfen will, freut ihn. Und auch, dass viele Vereine und Sponsoren geholfen haben. Für die Besucher gab es noch eine Attraktion: Weil die Gemeinde die Schausteller im Voraus bezahlte, konnten die Veranstalter die Preise fürs Karussellfahren selbst ausmachen und legten fest, dass eine Fahrt nur einen Euro kostet. „Feste sind für Eltern ja schon teuer genug“, begründet Jäkle diesen Schritt. Er und Kulturvereinsvorsitzender Andreas Kühnle sind stolz auf den erfolgreichen Neustart, Jäkle sagt am Ende nur zwei Worte: „Klasse. Mega.“