Mordprozess

Angeklagter zeigt Reue nach tödlichem Raserunfall

Nur wenige Wochen, nachdem ein Mann Vater geworden ist, stirbt er in einem Verkehrsunfall. Nun steht ein mutmaßlicher Raser wegen Mordes in Wiesbaden vor Gericht. Der Prozessauftakt ist emotional.

Eine Strafgesetzbuch liegt in einem Sitzungssaal. Foto: Nicolas Armer/dpa/Symbolbild
Eine Strafgesetzbuch liegt in einem Sitzungssaal.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Nach einem tödlichen Raserunfall in Wiesbaden 2022 hat der Angeklagte Reue beim Auftakt seines Mordprozesses gezeigt. Der 25-jährige Syrer sagte am Montag vor dem Landgericht Wiesbaden, sein damaliges Verhalten sei keine Absicht gewesen: «Ich bereue es hier heute von ganzem Herzen.» Er wisse, dass er die Ereignisse im Herbst 2022 nicht mehr rückgängig machen könne, und biete der Opferfamilie seine Unterstützung an. Weiter inhaltlich äußerte sich der Angeklagte vorerst nicht. Sein Anwalt kündigte eine Einlassung zur Sache für kommenden Freitag an.

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Laut Staatsanwaltschaft hatte der 25-Jährige «in krasser Eigensucht», «heimtückisch» und mit «gemeingefährlichen Mitteln» gehandelt. Er sei im Oktober 2022 mit Tempo 130 über mehrspurige Straßen der Wiesbadener Innenstadt gerast. Dort seien maximal 50 Kilometer pro Stunde erlaubt. Der nach eigenen Worten mit seiner Familie 2014 vor dem syrischen Bürgerkrieg nach Deutschland geflohene junge Mann habe mindestens acht Autos überholt, das Auto einer Fahrerin geschnitten und mehrere rote Ampeln missachtet. Schließlich stieß er mit einem entgegenkommenden Auto zusammen. Dessen laut Staatsanwaltschaft nicht angeschnallter Fahrer wurde aus seinem Fahrzeug geschleudert. Er erlag einen Tag später seinen schweren Verletzungen. Er war erst wenige Wochen zuvor Vater geworden.

Der wegen Mordes angeklagte 25-Jährige sitzt in Untersuchungshaft. Er und seine vier einstigen Beifahrer, darunter ein Kind, waren bei dem Unfall an einem Samstagabend schwer verletzt worden. Laut dem zwölfseitigen Anklagesatz wurde auch der 25-Jährige nach dem Unfall von Sanitätern versorgt, schlug um sich, beleidigte Polizisten und musste von vier Beamten auf einer Liege festgehalten werden. Zur Frage, ob der Angeklagte, der als Selbstständiger Küchen und andere Möbel aufgebaut hatte, berauscht gewesen sein könnte, wollte sich die Staatsanwaltschaft am Rande des Prozessauftaktes noch nicht äußern.

Ermittler hatten die Todesfahrt aufwendig nachgestellt, um die «Cockpit-Sicht» des Angeklagten zu rekonstruieren. Den Verdacht auf ein illegales Autorennen mit weiteren beteiligten Fahrzeugen ließen sie wieder fallen. In dem Prozess treten die Witwe und etliche Familienangehörige des Opfers als Nebenkläger auf.

Die Hauptverhandlung begann unter hohen Sicherheitsvorkehrungen. Der Zuschauerraum hinter einer durchgehenden Glasscheibe war voll besetzt. Einige Angehörige brachen in Tränen aus. Ein Zuschauer schrie: «130 durch die Stadt, das ist fahrlässig, das ist Mord.» Die Vorsitzende Richterin verwies ihn des Saales.