Weinheim/Odenwald

Was die Profis der Odenwälder Hanf-Manufaktur zum Cannabis-Hype sagen

Wenn Joints bald offiziell erlaubt sind, wird auch der Hanfanbau zu Hause im geringen Maße legal. Wie die Odenwälder Hanf-Manufaktur sich auf den neuen Markt einstellt und welche Chance die Macher den neuen Cannabis-Clubs geben, verraten Thomas Berger aus Weinheim und Thorsten Klein aus Birkenau im Interview.

Das sind die Macher der Odenwälder Hanf-Manufaktur: Thomas Berger aus Weinheim sowie die beiden Birkenauer Thorsten Klein und Alexander Herter (von links). Foto: Odenwälder Hanf-Manufaktur
Das sind die Macher der Odenwälder Hanf-Manufaktur: Thomas Berger aus Weinheim sowie die beiden Birkenauer Thorsten Klein und Alexander Herter (von links).

Ab dem 1. April soll der Besitz von Cannabis teilweise erlaubt werden. Doch an der Teil-Legalisierung scheiden sich schon jetzt die Geister. In den Ländern regt sich Widerstand. Dennoch: Über das gesteigerte Interesse an Hanf freuen sich die Macher der Odenwälder Hanf-Manufaktur mit Sitz in Birkenau und Produktionsstätte in Wald-Michelbach. Auch wenn sich Thomas Berger aus Weinheim sowie die beiden Birkenauer Thorsten Klein und Alexander Herter bislang auf die Verarbeitung von Cannabispflanzen mit einem sehr geringen Anteil des berauschenden Tetrahydrocannabinols (THC) spezialisiert haben. Warum sie jetzt nicht umschwenken und welche Probleme Cannabis-Clubs haben könnten, verraten sie im Interview.

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Steht die Odenwälder Hanf-Manufaktur schon in den Startlöchern, um psychoaktives Cannabis anzubauen?

Thorsten Klein: Sicher nicht. Das macht für uns keinen Sinn. Wir sind ja kein Cannabis-Club, sondern ein Unternehmen. Gewerblich darf Cannabis nicht verkauft werden. Wir bleiben weiterhin bei unseren Produkten aus regional angebautem Nutzhanf mit niedrigem THC-Gehalt.

Was halten Sie persönlich von der geplanten Gesetzgebung?

Klein: Sinnhafter wäre es gewesen, den Verkauf freizugeben und in staatliche Hände zu legen. Allein aufgrund der immensen potenziellen Steuereinnahmen. Aber dem stehen EU-Gesetze entgegen. Bei den Clubs habe ich bedenken. Denn die müssen ja strikte Vorgaben einhalten, zum Beispiel was die Sicherung des Anbaus angeht - und das als Verein, der keine wirtschaftlichen Interessen verfolgen darf. Stellen Sie sich den Supergau vor, dass die Anlage nicht richtig gesichert ist und die ganze Ernte geklaut wird. Da muss dann womöglich ein ehrenamtlich tätiger Vereinsvorsitzender dafür den Kopf hinhalten.

Ist die Teil-Legalisierung für ihr Geschäft mit Nahrungsergänzungsprodukten, Kosmetik, Hanfsamen, Proteinen und Hanf-Öl trotzdem zuträglich?

Thomas Berger: Wir merken, dass viele Menschen eine andere Perspektive auf Cannabis bekommen, wenn die Illegalität wegfällt. Und wir profitieren natürlich auch davon, wenn das Naturheilmittel Hanf endlich wieder in den Fokus rückt.

Eine Cannabispflanze. Foto: Pixabay
Eine Cannabispflanze.

Wie kann sich Cannabis positiv auf die Gesundheit auswirken?

Klein: Medizinisches Cannabis kann bei vielfältigen Krankheiten und Beschwerden eingesetzt werden und Symptome deutlich lindern. Cannabis zeichnet sich zudem durch seine gute Verträglichkeit aus. Die Nebenwirkungen sind besonders im Vergleich zu starken Pharmazeutika sehr überschaubar. Gerade für vermeintlich austherapierte Patienten, aber insbesondere auch in der Pflege kann Cannabis eine interessante Option sein. Das haben wir im familiären Umfeld selbst festgestellt. Die Besonderheit, die die Produkte aus regional angebautem Hanf aus der Odenwälder Hanf-Manufaktur auszeichnet, ist die ganzheitliche Zusammensetzung der naturbelassenen Inhaltsstoffe der Pflanze, sowie die schonende Verarbeitung. So enthalten unsere Produkte neben dem mittlerweile gut erforschten Cannabidiol, kurz CBD auch viele weitere der über 100 wertvollen Cannabinoide, sowie alle natürlichen Terpene und Flavonoide. Diese Inhaltsstoffe sind allesamt nicht psychoaktiv und können die Linderung von vielerlei Wehwehchen positiv beeinflussen.

Die Produkte der Odenwälder Hanf-Manufaktur sind aber Nahrungsergänzungsmittel und keine Medizinprodukte.

Klein: Das stimmt. Und diese Schiene wird auch weiterhin integraler Bestandteil sein. Denn die klassischen Nahrungsergänzungsmittel aus Hanf bieten einen sehr guten Einstieg, Produkte ohne den psychoaktiven Effekt von THC zu testen. Gezielt eingesetzt reichen diese Produkte den meisten Nutzern aus. Aber zusätzlich sind wir drei Gesellschafter seit Februar auch zertifizierte Fachberater für medizinisches Cannabis. Im Rahmen dieser zertifizierten Fachausbildung haben wir nun zusätzlich die Möglichkeit, Patienten, Ärzte, Apotheker und medizinisches Fachpersonal im Hinblick auf die medizinische Nutzung – auch von THC-haltigen Cannabis- aktiv zu unterstützen und zu beraten. Es geht dabei um die richtige Verwendung, um die Dosierung, um Ausschlusskriterien oder Nebenwirkungen, einen begleitenden Arzt zu finden, das Antragswesen für Kostenerstattungen, die Sortenauswahl, uvm. Als Mitglied im ACM, dem führenden Fachverband für Hanf als Medizin, können wir zudem auf ein großes Netzwerk an kompetenten Ärzten und erfahrenen Patienten zurückgreifen.

Berger: In weiten Teilen betreiben wir hier aktuell noch Pionierarbeit, da durch die jahrzehntelange Prohibition auch bei Medizinern und medizinischem Fachpersonal das Wissen um die Anwendungsmöglichkeiten noch nicht wirklich verbreitet ist. Daher bieten wir nun auch regelmäßige Fachkurse in diesem Bereich für das medizinische Umfeld an.

Sie lassen ihren Nutzhanf in Grünstadt und im Odenwald von Landwirten anbauen, sind aber auch Experten in der Verarbeitung. Beraten Sie jetzt auch beim Eigenanbau?

Berger: Wir sind vor dem Hintergrund der geplanten Legalisierung tatsächlich schon öfter angesprochen worden. Und ja, wir unterstützen gern in Fragen nach der richtigen Sorte, nach der geeigneten Erde und Dünger, oder welche Lampe man benutzen sollte, damit die Pflanzen gedeihen. Hierfür haben wir tatsächlich einen separaten Beratungsbereich aufgebaut, der Wissbegierige bei den ersten Schritten unterstützt.

Welche Klientel wollen Sie hiermit ansprechen?

Klein: Wir konzentrieren uns hier gezielt auf Menschen, die Cannabis zur medizinischen Verwendung anbauen möchten. Denn um das vernünftig zu gewährleisten, muss man andere Standards ansetzen als beim klassischen Freizeitkonsumenten. Hier stehen Anbaukontinuität und Qualität des Anbaus im Vordergrund, aber auch die individuellen Rahmenbedingungen des jeweiligen Nutzers.

Sind denn schon Cannabis-Clubs, die sich bilden wollen, an Sie herangetreten?

Berger: Clubs sind bislang noch keine an uns herangetreten. Letztendlich müssen ja alle noch den 22. März abwarten, bis man wirklich in dezidierte Planungen eintreten kann. Ich vermute, durch die hohen technischen Standards, aber auch die rechtlich noch nicht gänzlich ausgereiften Planungen könnte der Hype bei den Cannabis-Clubs auch sehr schnell wieder verpuffen.