Religion

Bischof: Verbindung in katholischer Kirche «eine Chance»

Von Hanau im Süden bis in den katholikenarmen Norden von Hessen erstreckt sich das Bistum Fulda. Die Unterschiedlichkeit des Gebiets und der Menschen empfindet Bischof Gerber als reizvoll. Und freut sich über den engen Kontakt zu einem wichtigen Nachbarn.

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber spricht bei einem Interview. Foto: Helmut Fricke/dpa/Produtkion
Der Fuldaer Bischof Michael Gerber spricht bei einem Interview.

Fulda (dpa/lhe) - Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hat seinen Sitz in Limburg, sein Stellvertreter ist seit Kurzem der Nachbar aus Fulda. Noch nie war die katholische Kirche in Deutschland so hessisch, hat es fast den Anschein. Der Fuldaer Bischof Michael Gerber will diese Beobachtung so nicht gelten lassen, hebt aber den guten Kontakt zu seinem Limburger Kollegen Georg Bätzing hervor.

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«Diese hessische Verbindung ist sicherlich auch eine Chance für eine enge Zusammenarbeit zwischen ihm und mir in der Leitung der Deutschen Bischofskonferenz», sagte Gerber in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Der 53-Jährige wurde Ende September von der Bischofskonferenz zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden. Die Bischofskonferenz müsse aber natürlich das Ganze im Blick haben, «also gerade auch die Unterschiede zwischen Ost und West, Nord und Süd, die wir auch sonst in der Gesellschaft haben.» Dies sei eine Herausforderung.

«Dabei ist es eine Chance, dass die Wege zwischen Bischof Bätzing und mit kürzer sind und es auch außerhalb der Bischofskonferenz viele Anlässe gibt, bei denen wir uns begegnen», sagte Gerber. «Auch wenn das sicherlich kein Kriterium für meine Wahl war.»

Vor gut viereinhalb Jahren war Gerber aus Freiburg nach Fulda gekommen. «An meinem Tonfall hört man sicherlich noch, dass ich Badener bin. Das wird auch so bleiben», sagte er. Er fühle sich in Hessen sehr wohl. «Ich bin auch in der Landschaft angekommen und habe die Menschen zwischen Hanau und nördlich von Kassel sehr schätzen gelernt, auch in der Unterschiedlichkeit, die das Bistum hat.»

In seinem Bistums gibt es nach Gerbers Worten mit dem Landkreis Fulda ein klassisch katholisch geprägtes Gebiet. «Der Main-Kinzig-Kreis mit dem Einzugsgebiet Frankfurt ist ein konfessionell sehr gemischtes Gebiet.» Und nördlich von Kassel sei die katholische Kirche in einer ausgedünnten Situation und in der Minderheit. «Diese Gesamtlage erlebe ich als sehr reizvoll und für mich auch als Chance.» Dass das Bistum vergleichsweise klein sei, gebe ihm die Chance zu engen Kontakten mit Haupt- und Ehrenamtlichen. «Ich bin wirklich gerne in Pfarrgemeinden unterwegs, auch «einfach mal so» an einem Sonntag, ohne dass ein Kirchenjubiläum oder eine Firmung ansteht.»

Bei der Neuordnung der Pfarrgemeinden habe das Bistum jetzt eine neue Phase erreicht, in der es darum gehe, wie die einzelnen Gremien in den Pfarreien aussehen sollen. Am Ende der Reformen soll es nur noch 28 Pfarreien geben. Zu Beginn des Umbaus waren es etwa 250. «Die Zusammenlegung auf 28 Pfarreien mit einer Zahl von bis zu 15 000 Katholiken ist moderat im Vergleich zu dem, was andere Bistümer machen.»

In Nordhessen sei die katholische Kirche in der Diaspora, was dazu führe, dass es nach dem aktuellen Konzept im Schwalm-Eder- und im Werra-Meißner-Kreis nur eine einzige Pfarrei im jeweiligen Landkreis geben werde. «Wir müssen im Sinne der Transparenz den Menschen, so gut wir das können, verlässlich sagen, was ist die Endstufe jedenfalls für die nächsten 20, 30 Jahre sein wird», sagte er.

Die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche bleibe für ihn weiterhin ein ganz wichtiges Thema, sagte Gerber. «Die Kirche hat eine hohe moralische Verantwortung, das aufzuklären. Für sehr viele Betroffene kann eine Missbrauchserfahrung prägend sein für alle anderen Beziehungen in ihrem Leben.» Es werde sicher noch bis ins Jahr 2025 dauern, bis das Bistum Fulda das Ergebnis seiner Aufklärungsarbeit präsentieren können.

Zentrales Instrument im Bistum ist laut Gerber die unabhängige Aufklärungskommission, die mit neun Personen - darunter sind zwei vom Staat Hessen benannte Vertreter - besetzt ist. Da gebe es eine «sehr intensive Aktenaufarbeitung», in die auch pensionierte Kriminalbeamte eingeschaltet seien. Außerdem suche die Kommission den direkten Kontakt mit Betroffenen. Dabei wirkten Vertreter des Betroffenenbeirates und ein Psychologe mit. «Das alles findet in einem geschützten Rahmen statt», betonte Gerber.

Darüber hinaus gebe es einen Ansatz mit der Bezeichnung «Zeitzeugen sprechen», erklärte der Bischof weiter. «Wenn es in einem Ort einen Missbrauch gab, dann gibt es Menschen, die dort Verantwortung hatten oder vielleicht etwas davon mitbekommen haben. Deren Schilderung kann hilfreich sein kann, das Ganze zu verstehen», sagte er. «Da tasten wir uns vor, weil das nicht ganz einfach ist.» So stellten sich unter anderem die Fragen nach der praktischen Umsetzung und dem Umgang mit Zeitzeugen.

«In dieser Richtung bin ich auch selbst schon aktiv geworden, in dem ich etwa einen Gottesdienst gehalten habe, dabei auch auf das Thema «Missbrauch» eingegangen bin und eingeladen habe, nach dem Gottesdienst zu mir zu kommen und mit mir darüber zu reden», berichtete Gerber. Zudem würden Flyer verteilt, die Menschen informierten, wie sie sich selbstständig melden können.